201504.28
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Irrtümer rund um das Jobcenter – Mietübernahme – unwirksame Kündigung des Vermieters

Die angemessenen Wohnungskosten bestimmt das Jobcenter in den KdU Richtlinien

Nein. Es gibt keine starren Kosten der Unterkunft. Die Richtlinien sind für die Gerichte nicht verbindlich. Die Gerichte berechnen die Kosten der Unterkunft nach eigenen Regeln. Diese können zugunsten des Betroffen ausfallen. Ein paar Euro können hier entscheidend sein, damit die Betriebskosten oder die Mietschulden übernommen werden. In vielen Fällen kann die falsche Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft durch das Jobcenter auch dazu führen, dass die Kündigung des Vermieters unwirksam ist, da den Mieter kein Verschulden trifft.

Das Jobcenter ist verpflichtet, Sie objektiv rechtlich zu beraten

Das ist grundsätzlich richtig, jedoch hat das Bundesverfassungsgericht ein Interessenkonflikt festgestellt und davon abgeraten (Beschluss vom 11. Mai 2009 – 1 BvR 1517/08): „… der Beschwerdeführerin kann nicht zugemutet werden, den Rat derselben Behörde in Anspruch zu nehmen, deren Entscheidung sie im Widerspruchsverfahren angreifen will. Es besteht die abstrakte Gefahr von Interessenkonflikten, die die beratungsbedürftige Beschwerdeführerin selbst nicht durchschauen kann. Aus Sicht der Rechtsuchenden ist der behördliche Rat nicht mehr dazu geeignet, ihn zur Grundlage einer selbständigen und unabhängigen Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte im Widerspruchsverfahren zu machen. Im Hinblick auf die prozessrechtlichen Grundsätze der Waffengleichheit und der gleichmäßigen Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang im sich möglicherweise anschließenden Gerichtsverfahren darf der Beschwerdeführerin eine unabhängige Beratung nicht vorenthalten werden.“ Das Bundesverfassungsgericht rät den Betroffenen im Ergebnis zur Beiziehung eines Rechtsanwaltes. Das ganze Urteil können Sie auf unserer Homepage nachlesen: https://www.rechtsanwalt-imanuel-schulz.de/downloads/.

Wenn ich keinen Brief vom Jobcenter erhalten habe, obwohl das Jobcenter dies behauptet, dann muss ich nachweisen, dass ich den Brief nicht erhalten habe

Nein, das JC trägt die Beweislast für den Zugang. Der Zugang ist im Bestreitensfall schwer zu beweisen, denn das Jobcenter verschickt Briefe meistens mit einfacher Post. Das rechtliche Ergebnis ist, dass der Bescheid zum Beispiel die Rückforderung oder die Sanktion unwirksam ist. Merke: Ohne Zugang kein rechtskräftiger Bescheid.

Ich muss eine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben, wie das Jobcenter sie vorlegt

Nein, Eingliederungsvereinbarungen sind verhandelbar. Das Jobcenter kann die Eingliederungsvereinbarung auch per Verwaltungsakt erlassen. Dagegen ist dann der Widerspruch möglich. Dieser hat regelmäßig aufschiebende Wirkung, sodass die Eingliederungsvereinbarung nicht wirksam wird. Nach der Entscheidung über den Widerspruch kann Klage eingereicht werden.

Wenn ich gegen eine Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung verstoße, dann ist die Sanktion rechtmäßig

Nein, nicht zwingend. Die Sanktion muss auch formell rechtmäßig sein und muss im Rahmen des Ermessens begründet sein.

Ohne vollständigen Antrag erhalte ich keine Leistungen

Ein einfaches Schreiben wie folgt reicht aus: „Ich beantrage Leistungen nach dem SGB II“. Die Standardbögen des Jobcenters können Sie auch später abgeben. Fristwahrend ist der Antrag auf einem einfachen handschriftlichen Papier völlig ausreichend. Alle erforderlichen Unterlagen können Sie später nachreichen.

Widerspruch und Klage müssen begründet werden

Widersprüche können, müssen aber nicht begründet werden. Mindestanforderung an eine Klage ist, dass daraus hervorgeht, gegen wen Sie wegen was vorgehen wollen. Legen Sie zumindest den Widerspruchsbescheid bei. Danach gehen Sie zum Rechtsanwalt. Das bedeutet, Sie können Widersprüche und Klagen relativ einfach fristwahrend einlegen. Die Begründung übernehmen wir gerne für Sie.

Nachdem die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, habe ich keine Rechtsmittelmöglichkeit

Nein, innerhalb eines Jahres können Sie einen Überprüfungsantrag stellen. Bei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden gilt die Jahresfrist nicht. Daher können Sie solche Bescheide auch noch nach 3 Jahren angreifen.

Gegen meinen als unzulässig verworfenen Widerspruch muss ich Klage einlegen

Das können Sie machen, hilft aber nicht weiter, wenn der Widerspruch wirklich verfristet war. Fordern Sie das Jobcenter auf, den Widerspruch als Überprüfungsantrag auszulegen. Dann muss das Jobcenter innerhalb von 6 Monaten nach Einlegung des Widerspruchs über den Überprüfungsantrag und damit inzident über Ihr eigentliches Anliegen entscheiden.